Donald Trump ist ein narzisstischer Demagoge, der keine Skrupel, keine Moral und keinen Anstand kennt. Gewählt wurde er nicht deshalb, sondern weil er es geschafft hat, für Veränderung zu stehen.
Die USA haben sich auf ein Experiment eingelassen. Sie haben die Führung ihres Staates einem politisch vollkommen unerfahrenen 70-Jährigen überlassen, der sich als selbstverliebter Demagoge präsentiert hat. Auf den ersten Blick ist das ziemlich erstaunlich. Donald Trump war der unbeliebteste Präsidentschaftskandidat, seit solche Umfragen erhoben werden. Die Verlogenheit, die Trump dem Politikbetrieb angeblich austreiben will, hat er selbst auf die Spitze getrieben. Die Diagnose seines Konkurrenten Ted Cruz dürfte den Nagel auf den Kopf getroffen haben. Trump sei ein "pathologischer Lügner", sagte Cruz Anfang Mai, praktisch jedes Wort aus seinem Mund sei eine Lüge, noch schlimmer: Er kenne den Unterschied zwischen Wahrheit und Lüge gar nicht. Dazu sei Trump ein Narzisst und "vollkommen amoralisch". Trump werfe seinen Gegnern immer genau das vor, was er selbst mache. "Das ist ein Muster, wie aus einem Psychologie-Lehrbuch." Aber man braucht kein Psychologie-Lehrbuch, um zu erklären, warum Trump so erfolgreich war. Hier ein paar Gründe: Trump wurde gewählt, weil Hillary Clinton für die Demokraten die falsche Kandidatin war. Die Unzufriedenheit im Land ist so groß, dass eine Mehrheit um jeden Preis verhindern wollte, dass es weitergeht wie bisher. Dafür stand Clinton. Ihre E-Mail-Affäre und die Wikileaks-Enthüllungen verstärkten diesen Eindruck bei vielen Amerikanern noch. Trump wurde auch gewählt, weil er es schaffte, sich als Kandidat gegen das Establishment in Washington zu inszenieren. Seine politische Unerfahrenheit war dabei ein Vorteil. Er stellte sich als Stimme der Wütenden dar. Das entsprach der Stimmung: Viele Wähler in den USA haben die Nase voll davon, dass ihre Jobs gefährdet sind, dass Politiker sich von Banken abhängig machen, dass illegale Einwanderer Drogen über die Grenze bringen, Frauen vergewaltigen und Amerikanern die Arbeitsplätze wegnehmen – auch wenn einige Punkte dieser Liste eher gefühlte Realität sind. Für Wähler im Rostgürtel der USA war Trump ein guter Kandidat, weil er den Freihandel ablehnt, den man dort für den Niedergang der Industrie verantwortlich macht. Insgesamt erklären wirtschaftliche Probleme jedoch nur einen Teil von Trumps Erfolg. Das Durchschnittseinkommen seiner Wähler in den Vorwahlen lag bei 72.000 Dollar und damit weit über den 56.000 Dollar, die ein US-Haushalt im Schnitt pro Jahr zur Verfügung hat. Fremdenfeindlichkeit war für einige Trump-Wähler sicher das zentrale Motiv – Rassisten und Neonazis fühlten sich jedenfalls von Trump unterstützt. Viele Wähler hatten jedoch keine fremdenfeindlichen Motive, sondern wählten Trump, weil er, wie jeder Republikaner, für niedrige Steuern, für das Grundrecht auf Waffenbesitz und gegen Abtreibungen war (oder zumindest so tat). Trotzdem wäre Trump ohne Barack Obama kaum denkbar gewesen: Nachdem der erste schwarze Präsident ins Amt eingeführt worden war, begann der Aufstieg der Tea Party. Sie rekrutierte sich vor allem aus Weißen, die ihr Land "zurückhaben" wollten. Das Establishment wurde von der Tea Party nicht vertrieben, es wurde ergänzt um hysterische Radikalkonservative, die jede staatliche Aktivität als Bedrohung sehen. Sie gehören zu Trumps Wegbereitern; er teilt nicht ihre Ideologie, aber ihre Hysterie. Schließlich war Trump möglich, weil die Republikaner als Partei zusammengebrochen sind. Sie unterwarfen sich der Tea Party, betrieben Fundamentalopposition und wunderten sich dann, als ihre Basis in den Vorwahlen die Establishment-Kandidaten der Reihe nach aus dem Rennen warf. Trump hat das Gefühl von Leuten getroffen, die glauben, sie seien zu kurz gekommen. Der linke Filmemacher Michael Moore, der erst Bernie Sanders, dann Clinton unterstützte, hat es auf den Punkt gebracht: Für seine Wähler sei Trump "ein menschlicher Molotow-Cocktail", sein Sieg werde "das größte 'Fuck you' aller Zeiten" sein, "und es wird sich gut anfühlen" – jedenfalls für den Moment. Moore rechnet damit, dass die Trump-Wähler ihre Entscheidung noch bereuen werden. Denn Trump hat mehrfach demonstriert, dass er charakterlich vollständig ungeeignet ist, das Amt auszuüben, in das die Amerikaner ihn gerade gewählt haben. Er ist besessen davon, politische Gegner nicht nur zu beleidigen, sondern zu vernichten. In vielen Reden hat Trump Geschäftsleuten den dringenden Rat gegeben, Rache zu üben. 2012 sagte er beispielsweise: "Wenn jemand euch schlägt, müsst ihr fünf Mal härter zurückschlagen, als sie es je für möglich gehalten hätten. Ihr müsst euch rächen. Rächt euch." Die Rache werde dazu führen, "dass ihr euch gut fühlt". Wichtiger sei allerdings, ein abschreckendes Zeichen zu setzen. Immerhin: Der Bürgerkrieg fällt aus Und dennoch hat es ein Gutes, dass Hillary Clinton die Wahl verloren hat. Jetzt bleibt den USA zumindest erspart, dass Trump seine Anhänger gegen eine gewählte Präsidentin hetzt. Im Wahlkampf sagte nur ein Drittel seiner Anhänger, sie würden einen Sieg von Clinton akzeptieren. Einzelne kündigten sogar an, in einem solchen Fall zu den Waffen zu greifen. Das ist die gute Nachricht dieser Wahlnacht: Der Bürgerkrieg fällt aus. Hoffentlich. Nun ist die Frage, was Trump aus seinem Wahlsieg macht. In seinem Buch "The Art of the Deal", heißt es, man könne Menschen nicht lange betrügen. "Man kann für Aufregung sorgen, man kann wundervolle Werbung machen, man kann alle möglichen Arten von Presse bekommen", so Trump. "Aber wenn man nicht liefert, werden die Leute es irgendwann merken." Wird Trump liefern? Wird er eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen, wird er elf Millionen Ausländer abschieben? Wird er Industriearbeitsplätze zurück in die USA holen, wird er die Staatsverschuldung zurückführen, wird er den Islamischen Staat besiegen, ohne militärische Abenteuer zu unternehmen? Wird er Amerika wieder "groß" machen? Wie werden seine Anhänger damit umgehen, wenn er das nicht schafft? Werden sie sich gegen ihn wenden, oder wird Präsident Donald Trump – an diese Bezeichnung wird man sich gewöhnen müssen – es schaffen, sie davon zu überzeugen, dass nicht er versagt hat, sondern das System sogar für ihn zu korrupt war? Oder wird Trump im Weißen Haus die Erfahrung machen, wie eingeschränkt die Macht eines Präsidenten ist? Wird er die Arbeit dann seinem Vize Mike Pence überlassen? Falls nicht, wird er die USA in neue Kriege stürzen, um von innenpolitischem Versagen abzulenken? Wird er die baltischen Staaten im Stich lassen, die Nato auflösen, einen Handelskrieg mit China anfangen, eine Weltwirtschaftskrise auslösen? Oder wird am Ende alles gar nicht so schlimm, wird Trump vernünftig, pragmatisch und besonnen agieren? Heute ist keine dieser Frage seriös zu beantworten. Der Ausgang des Experimentes, zu dem Trump die USA überredet hat, ist völlig ungewiss.
Quelle: n/tv
_________________ Ich habe keine Zeit, mich zu beeilen....
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